Europas Wissen setzt sich aus Sprachen zusammen. Sprachen sind semantische und symbolische Systeme, die aus weit mehr als Worten, Lauten und Buchstaben bestehen. Es sind Texturen, die sich aus Alltäglichem, Unausgesprochenem, Mythischem, Gewohntem und Wiedererkennbarem knüpfen. Sie umgeben uns, sind mehr oder weniger erkennbar, oftmals nur noch in ihrer Spur vorhanden, wie jener helle Abdruck auf der Backsteinmauer eines Gebäudes in Hamburg, den man nur anhand einer alten Fotografie als Spur eines nationalsozialistischen Emblems identifizieren kann. Solchen Spuren, solchen splitterhaften Texten, solchen brèves, solchem am Rand Gesagten ist diese Rubrik gewidmet. Es geht dabei um das Umwerten von Begriffen und Traditionen und deren Nutzbarmachung für eine zeitgemäße Denkpraxis.
Progressive Kunstinstitutionen? Gardar Eide Einarsson, Künstler, geboren 1976 in Oslo, lebt und arbeitet in New York und Berlin. In seinen Arbeiten befragt Einarsson die Funktionsweise von symbolischen Formen, wie sie uns im Alltag begegnen: an der Autobahn, auf Wahlplakaten, in der Werbung. Mit einem Witz und einer Erzählweise, die sich oft der bildlichen Narrationen des Kinos bedient, konstruiert Einarsson auf diese Weise Konfigurationen von Bildern, die unsere Repräsentationen des Alltags ins Rutschen bringen. Dabei wendet der Künstler immer auch den Blick auf das Umfeld, in dem seine Bilder erscheinen: auf die Kunstinstitution selbst.
Symbolruinen Lida Abdul, Künstlerin, geboren 1973 in Kabul. Afghanistan. Lebte als Flüchtling in Deutschland und Indien, bevor sie in die USA gelangte. Dort Abschluss an der University of California, Irvine. Es folgten zahlreiche internationale Ausstellungen. Seit kurzem wieder zurück in Kabul, hat sie gerade eine Anthologie mit Schriften über Afghanistan veröffentlicht.
Images, sons, images, textes : Passages des signes. Aymeric Vergnon-d'Alançon widmet sich nach Studien der Literatur und Philosophie inzwischen ganz der Fotografie (Installationen, Verknüpfungen von Bild/Text, fotografische "Reportagen"...). Er hat an zahlreichen Ausstellungen teilgenommen. Seit 1998 ist er am Fresnoy-Studio national des arts contemporains. Dort realisierte er seine ersten Kurzfilme und auch einen ersten längeren Film auf Video. Seitdem verfolgt er die Arbeit mit Video und Film (letzter Film La Veille). Vor Kurzem wurde eine exemplarische Auswahl seiner Arbeiten, Forschungen zwischen Text/Bild und Fotografie/Video/Kino in der Galerie Nationale du Jeu de Paume gezeigt. Die Internetseite www.a-travers.net zeigt dieses Programm vollständig.
Dem Innern ein Kerker Frauke Hänke, Claus Kienle, arbeiten als bildende Künstler in Hamburg. In ihren seriellen Gummigrafien nehmen sie immer wieder Themen des Raumes und der Konfiguration auf. So in "Le code", einer Gummigrafie auf Holz, die den Blick aus einer Pariser Hochhauswohnung zeigt, in die man nur gelangt, wenn man den richtigen Türcode kennt. Die Holztafeln können freilich auch in anderer Reihenfolge gehängt werden... Die Serie "angenehmes Wohnen" besteht aus auf Kissen belichteten Fotografien von Wohnräumen. Die Pflanzen zur Zimmerdekoration sind farbig aufgestickt. So entsteht ein vielschichtiges Spiel zwischen Innen- und Außenraum, Bild und Realität.
Erinnerungsbild Amin El Dib, Fotograf, geboren in Kairo, Ägypten, lebt heute in Basel. In seinen Serien behandelt El Dib immer wieder das Thema der Reise und des Deplatziert-Seins. Dabei spielen die Bilder in der Ästhetik mit typischen Reise-Erinnerungsfotos. Doch ihre Perfektion in der Behandlung von Licht und Schatten zeigt: die Spuren, die hier ins Bild gebannt werden, sind Spuren der Erinnerung.
Lappen
"Mein Kampf", farce ... und Vorhang!
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